Christie’s belebt den Möbelmarkt
Gute Kunst hat ihren Preis. Das bestätigte sich einmal mehr bei diversen Versteigerungen in der britischen Hauptstadt. Der Markt gilt als durchaus aktiv, allerdings folgen die Käufer nicht blind den Auktionshäusern, sondern wählen überaus sorgsam aus, worauf sie bieten. Während die wirklich guten Objekte oftmals sehr hohe Summen erzielten, stießen weniger attraktive Arbeiten auch auf entsprechend weniger Anklang.
Neuen Anschub wollte das Traditionshaus Christie’s dem Markt für englische Möbel geben. Dieser schwächelt nämlich seit Jahren, sodass man sich viel der lange vorbereiteten Einzelauktion versprach, die dem englischen Möbeldesigner Thomas Chippendale gewidmet war. Dessen 300. Geburtstag war der Anlass der Aktion. Besucher der Auktion konnten einen tiefen Einblick in die Aristokratie Englands im 18. Jahrhundert erlangen. Mit 20 Losen war die Auktion durchaus erfolgreich, zumal sich die 17 Arbeiten, die angeboten wurden, weit über den Erwartungen verkauften.
Kunstexperte William Iselin lobte die Bemühungen beim Auktionshaus Christie’s. Für fast alle Lose waren Interessenten gefunden worden – bei sonstigen Möbelauktionen im Land komme das so gut wie nie vor.
Bei einer sehr hoch geschätzten Spitzenhose überreizte Christie’s das Ganze allerdings. Weil der Markt zu sehr angeheizt war, fand das gute Stück am Ende keinen Abnehmer. Aus demselben Grund zeigten die Bieter einer auf drei bis fünf Millionen Pfund geschätzten Kommode die Kalte Schulter. Und auch zwei Sofas aus einem Set, das Robert Adams entworfen und gefertigt hatte, blieb ohne Käufer – drei Millionen Pfund je Möbel waren offenbar doch zu viel.
Die Heilige Familie erzielt Rekordsummen
Vor allem diejenigen, die gerade damit angefangen haben, die Alte Kunst zu sammeln, haben ein Auge auf Portraits geworfen, sagte Experte Andrew Fletcher. Bei den Bildern der Alten Meister, die am Abend angeboten wurden, bestätigte sich das. So wurde ein Portrait von Ludovico Carraccis beim Auktionshaus Christie’s gleich von drei Telefonbietern hart umkämpft. Am Ende wechselte es für die stolze Summe von 5,1 Millionen Pfund den Besitzer.
Einen Weltrekord stellte die Versteigerung der Radierung „Ecce Homo“ des Künstlers Rembrandt van Rijn aus dem Jahre 1655 auf. Bis 2015 war das Kunstwerk Bestandteil der Lausanner Sammlung. Es brachte – wie erwartet – 2,6 Millionen Pfund.
Im Familienporträt der „Heiligen Familie“ von Gerard David geht es um die Themen Zuwendung und Liebe. Mit ihren erzielten 4,8 Millionen Pfund überstieg die Holztafel mit landschaftlichen Darstellung die Taxe deutlich – geschätzt worden waren 2,5 Millionen Pfund. Ganz nebenbei stellte das Werk einen Auktionsweltrekord für Gerard David auf. Die Heilige Familie rückte aber noch ein zweites Mal in den Fokus. Noch im April war ein Werk von Giovanni Francesco Bezzi bei einer Auktion von Christie’s nicht verkauft worden. Jetzt erzielte es mit 765.000 Pfund einen Weltrekord. Wohlgemerkt: Taxiert worden war das Kunstwerk lediglich auf bis zu 550.000 Pfund.
Keinen Bieter fand ein kleines Porträt von Peter Paul Rubens’ Tochter. 2013 war die Studie vom Metropolitan Museum verkauft worden – man hatte damals angenommen, es handele sich um eine Kopie. Ein Irrtum, wie sich später herausstellen sollte. Jetzt, da das Werk dem Meister höchst selbst zugeschrieben ist, sollte sie drei bis fünf Millionen Pfund bringen. Nur: Niemand war bereit, diesen Preis am Ende auch zu bezahlen.
Reiterportrait aus Paris findet keinen Abnehmer
Der Markt mit Gemälden gilt seit Längerem als ausgezehrt. Plastische Arbeiten aus nahezu allen Epochen sind dagegen groß im Kommen. Oftmals sind die Objekte unterbewertet und befinden sich in einem guten Zustand. Bei Sotheby’s standen Skulpturen aus diesem Grund im Treasures Sale bei den Bietern hoch im Kurs. Den „Dresdner Mars“ hatte man nach kritischen Tönen aus Deutschland kurz vor der Auktion zurückgezogen, weshalb eine Büste von Antonio Canova zum Spitzenlos wurde.
Das Spitzenlos im Exception Sale bei Christie’s wurde nicht verkauft. Es handelte sich dabei um zwei Skulpturen vom Hofe Ludwig XIV. Eine insgesamt 232 Kilogramm schwere Version eines Reiterportraits des Sonnenkönigs, die im 17. Jahrhundert in der französischen Hauptstadt aufgestellt war, fand keinen Bieter. Stattdessen avancierte eine Skulptur des Künstlers Ferdinando Tacca zum teuersten Los. Mit einer lediglich auf Anfrage bekanntgegebenen Schätzung hoffte Christie’s, das Werk würde rund fünf Millionen Pfund einspielen. Das Ergebnis lag dann deutlich über den Erwartungen: Die Skulptur erzielte 6,8 Millionen.
Ein Schachspiel aus dem 18. Jahrhundert stach aus einer großen Anzahl bemerkenswerter Objekte aus Deutschland hervor. Das Kunstwerk, das einst in Augsburg hergestellt worden ist, bietet eine Spielfläche aus Ebenholz und Schildplatt, außerdem aus Silber. Hinzu kommen Spielfiguren, die aus speziell gefertigtem Holz und Elfenbein bestehen. Alle diese Figuren sind mit einem Stempel des Silberschmieds Paul Solanier versehen. Noch bis zum frühen 20. Jahrhundert befand sich das Spiel in Familienbesitz, bis es im Jahr 1920 schließlich privat verkauft wurde. Mit bis zu 250.000 Pfund wurde es vorab geschätzt. Am Ende erzielte es stolze 417.000 Pfund.
Die „Göttin des Friedens“ ist ein Marmorkopf – überaus selten und vom berühmten Casanova selbst gefertigt. Das Werk befand sich über eine lange Zeit in familiären Besitz. Doch offenbar wusste am Ende niemand mehr so recht, dass es sich um das Werk des berühmten Künstlers handelte. In den 1960er-Jahren versteigerte ein örtliches Auktionshaus in England die Skulptur deshalb ohne Zuschreibung. 3,9 Millionen Pfund brachte das gute Stück jetzt ein – mehr, als auf einer Auktion jemals für eine Casanova-Skulptur auf den Tisch gelegt wurde.
Unterm Strich liegt Christie’s mit 31,2 Millionen Pfund hinter Sotheby’s. Doch das Ergebnis ist, angesichts der Verkaufsrate von 74 Prozent, durchweg solide. Sotheby’s konnte, im Vergleich zu Christie’s mit einer deutlich besseren Auswahl früher Gemälde aufwarten. Ein Großteil der Objekte dieser Sparte verkaufte sich weit über den Erwartungen. Unter diesen Werken befanden sich etwa Porträts von Albrecht Dürer oder Lucas Cranach. Die untere Taxe ist von mehreren seltenen Arbeiten aus dem 15. Jahrhundert verdoppelt worden. Die Kunstwerke brachten es auf einen Gesamtwert von 2,7 Millionen Pfund.
Viele Verkäufe der Auktion deutlich über den Erwartungen
Mit dem Glamour der Modewelt sind einige Portraits der Auktion versehen worden. Das einstige Spice Girl Viktoria Beckham – heute erfolgreiche Designerin – stellte vorab einige Arbeiten in ihrer Boutique in London aus. Ihr Lieblingswerk, das „Portrait eines venezianischen Edelmannes“ von Peter Paul Rubens aus dem 17. Jahrhundert, avancierte zum teuersten Los des Abends. Taxiert wurde es auf vier Millionen Pfund. Das Bild aus der Sammlung Hans Wetzlars aus den Niederlanden verkaufte sich schließlich für 5,4 Millionen Pfund.
Das „Ostermahl“ von Jacob Ochtervelt wurde für 1,9 Millionen Pfund erfolgreich versteigert. Es hing als Schenkung eines Sammlers bis vor einiger Zeit in der Guildhall der britischen Hauptstadt. Es handelte sich dabei um eine der verschollenen Arbeiten aus der Sammlung von Joan Hendrik Smidt van Gelder. Die Nazis hatten die Werke kurz vor Kriegsende nach Deutschland gebracht.
Ein Experte im Unruhestand
Mit Provenienzforschung, Laboruntersuchungen und Zuschreibungen will Sotheby’s seine Expertise weiter ausbauen – diese Elemente schließlich die tragenden Säulen des Geschäfts. Vor einiger Zeit hat das Auktionshaus deshalb ein bekanntes Labor aufgekauft. Jetzt will ein weltbekannter Fachmann dem Haus seine zur Verfügung stellen. Sein Name: Otto Naumann. Der einstige New Yorker Galerist hat Anfang des Jahres seine gesamte Galerie verkauft. Einen Großteil versteigerte er bei Sotheby’s. Doch offenbar war der Ruhestand des heute 65-Jährigen nur von kurzer Dauer. Stattdessen will er jetzt die ohnehin schon starke Sparte des Hauses Sotheby’s ausbauen.
Spannend – das ist der Bereich der Alten Kunst noch immer. Die Ergebnisse der Auktionen dieser Woche waren gemischt. Doch hinter dem puren Kommerz lassen sich auch immer noch Geschichten entdecken, die von Freundschaft, Leid und politischen Tragödien, aber auch von Geschenken und dem öffentlichen Interesse der Demokratie handeln. Es geht im Kunstmarkt eben um mehr als nur Geld. Das war schon immer so.
6,8 Millionen für die Ferdinando Tacca Skulptur? Wow, erstaunlich! Die Verkäufe waren definitiv erfolgreich! Ich besuche gerne Auktionshäuser. Ich mag Antiquitäten und Kunstwerke. Danke für den Beitrag, sehr interessant!