Jubiläums-Auktion bei Neumeister in München
Sonderkatalog zur Frühjahrsauktion
Die Frühjahrsauktion 2018 stand unter dem Motto der “Alten Kunst” und der “Angewandten Künste”. Wegen der Themen und des Jubiläums legte das Kunsthaus einen Sonderkatalog auf. Unter den Auktionsstücken gab es wie immer Highlights. In diesem Jahr sorgte für den gänzlich unerwarteten Höhepunkt der Versteigerung ein Silberbecher, den der Augsburger Gold- und Silberschmied Esaias III Busch gemeinsam mit Maler Johann Jacob I Priester etwa um 1710 gestaltet hatte. Der Becher mit bunter Emaille-Malerei und vergoldetem Rand zeigt eine üppige Freudenhaus-Szene: Eine sehr offenherzig dekolletierte Dirne lenkt einen Alten ab, dem man derweil den Geldbeutel stiehlt. Gleich nebenan schenkt eine andere Dame einem Mann Wein ein. Um den Becher – Schätzpreis und demzufolge Erstgebot ab 4.000 Euro – wurde heftig gefeilscht, der Hammer fiel erst bei sagenhaften 64.000 Euro. Der Erwerber war ein britischer Telefonbieter. Das Auktionshaus nimmt ein Aufgeld, sodass der Käufer am Ende über 81.000 Euro berappen wird. Die sonstige Silberofferte nahm das Publikum eher verhalten auf. Insgesamt gingen vom Katalog etwa zwei Drittel der Stücke an ihre Besitzer zurück, sie fanden für das Mindestgebot keine Käufer. Das ist bei Kunstauktionen nicht ungewöhnlich, den Tops stehen Flops gegenüber. Großes Interesse weckte beispielsweise eine japanische Tsuben-Sammlung mit fünfzig Exemplaren dieser fein dekorierten Stichblätter von Schwertern. Auch hier wurde das Ausgangsgebot von 3.000 Euro mit 12.800 Euro weit übertroffen. Überhaupt scheint asiatische Kunst heuer begehrt zu sein, denn auch ein um 1800 gemaltes chinesisches Tapeten-Set mit neun Exemplaren, das Zierbäumchen, Dekor und Getier für ein Gartenzimmer zeigt, kam für 17.000 Euro unter den Hammer. Dabei blieb es allerdings innerhalb der Taxe von 15.000 bis 20.000 Euro. Denselben Preis zahlte ein Käufer für eine gotische Madonna mit zierlicher Anmut und Kind im Arm, die von einem schwäbischen Schnitzer um 1400 gefertigt worden war.
Malerei des 19. Jahrhunderts begehrt
Für die Malerei hatte das Auktionshaus Neumeister einen eigenen Katalog aufgelegt. Hier interessierten sich die Bieter vor allem für Bilder des 19.Jahrhunderts. Der warme “Blick auf Tivoli-und die Wasserfälle“ von Johann Jakob Frey (entstanden 1860) wurde für die untere Taxe von 50.000 Euro verkauft. Mit leuchtender und warmer Bildsprache warten auch die “Holländischen Fischer nach dem Fang” von Andreas Achenbach auf, sie erreichten preislich die erwarteten 20.000 Euro. Die Taxe bis 35.000 Euro leicht übertreffen konnten die “Sieben Enten auf-sonnigem Schilfwasser“ von Alexander Koester, der dieses Motiv unermüdlich immer wieder aufgegriffen hatte. Sie erzielten 42.000 Euro. Glatt die obere Taxe mit 35.000 Euro schaffte der “Klatschmohn in der Vase” vom Blumenexperten Gabriel Schachinger. Das Stillleben “Duftige rosa Iris und weiße Gladiole” desselben Malers verdoppelte gar die Erwartung mit 33.000 Euro statt der taxierten 15.000 – 20.000 Euro.
Neue Kunst zu erwartbaren Preisen
Diese Sparte startete im Auktionshaus Neumeister mit der Klassischen Moderne. Dort konnte sich zum wiederholten Mal Gabriele Münter behaupten, deren 1908 entstandene “Dorfstraße” (Murnauer Zeit) mit 180.000 Euro in der oberen Mitte der Taxe von 150.000 bis 200.000 Euro landete. Auch in diesem Bereich wurden Taxen übertroffen wie bei der Bronze “Die nackte Schlangenbändigerin“ von Fritz Klimsch (um 1899), die von ihrem Schätzwert ab 60.000 Euro auf 100.000 Euro kletterte. Von Marc Chagall wurde die “Bible“ mit 105 schönen Radierungen – Erstauflage 1956 bei Tériade Editeur (Paris) in nur 275 Exemplaren – für 30.000 Euro und damit zur Untertaxe verkauft. Der Künstler hatte sich 1960 nochmals der Heiligen Schrift gewidmet und 24 Farblithographien geschaffen. Ein Exemplar dieser “Dessins pour la Bible“ erzielte 36.000 Euro bei einer Taxe von 30.000 bis 50.000 Euro. Derweil läuft sich der Markt für die große Frankfurter Vasarely-Ausstellung warm, der Op-Artist hatte unter anderem 1972/73 sein “Sigle Olympique/variante‚ vert-rouge“ nach dem Logo der Münchner Olympischen Spiele geschaffen. Es wurde glatt für die Schätzung von 30.000 Euro verkauft. Das Ölbild von Piero Dorazio “Giardino dell’ Imperatore, IX-Giorno“ (1968/74) wiederum ging für 34.000 Euro und damit zur verdoppelten Obertaxe weg. Ebenfalls doppelt so teuer wie geschätzt wurde das “Autumn” der georgischen Malerin Natela Iankoshvili (1918 – 2007) verkauft, der Zuschlag erfolgte bei 40.000 Euro.